Macht ist nach Michel Foucaults Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I keine übergeordnete Größe, sondern beschreibt unterschiedliche Kräfteverhältnisse, die „ein Gebiet bevölkern und organisieren“ (1983, S. 93). Musikvermittlung und zeitgenössisches Musiktheater für junges Publikum sind in besonderem Maße in dieses „Gebiet“ eingebunden.
Die künstlerische (Vermittlungs-) Praxis setzt sich seit einigen Jahren selbstreflexiv und vielschichtig mit der eigenen Position auseinander: Durch was wird sie bedingt und wie wirkt sie selbst? Welchen Ein- und Ausschlüssen ist sie ausgesetzt, welche produziert sie selbst? Zum einen wird ihr die Wirkungsmacht zugesprochen, auf Missstände hinzuweisen und diese durch ihr transformatives Potential zu verändern. Zum anderen wird sie selbst als Raum beschrieben, der Benachteiligungen hervorbringt oder manifestiert. Wissenschaft und Forschung allerdings beschäftigen sich erst seit wenigen Jahren mit machtkritischen Positionen, vornehmlich geschieht dies in den Nachbardisziplinen, wie z.B. in der Theaterpädagogik oder der Kulturvermittlung.
Vor diesem Hintergrund betrachten wir in der fünften Ausgabe von Klangakt, wie Musikvermittlung und Junges Musiktheater in Machtungleichheiten involviert sind, reflektieren hegemoniekritische Praxisansätze, beschreiben konkrete Handlungsempfehlungen, beleuchten blinde Flecken und skizzieren Visionen. Die Beiträge richten den Fokus vor allem auf strukturelle Hegemonien und zeigen ihre Wirkmacht und Umgangsweisen auf verschiedenen Handlungsebenen: von Hierarchiesituationen in Lehrsituationen, Diskriminierungssensibilität in institutionellen Strukturen, über die Reflexion über künstlerische Hegemonien und Deutungshoheiten in Arbeitsprozessen, bis hin zum Umgang mit Machtgefällen in Vermittlungssituationen. Die Ausgabe bündelt einzelne Perspektiven und zeichnet sich durch die Multiperspektivität der Autor*innen aus, die aus der Vermittlungspraxis, Kunst, Wissenschaft und Forschung kommen.