Bd. 1 Nr. 3 (2023): Musikvermittlung und ihre Begriffsgeschichte
Musikvermittlung und ihre Begriffsgeschichte

Die dritte Ausgabe widmet sich der Begriffsgeschichte des Feldes Musikvermittlung. Gesellschaftliche Transformationsprozesse, Legitimierungsdiskussionen von Kulturinstitutionen und schwindendes Publikum im Bereich der Klassischen Musik führten zur Notwendigkeit, Musik in Institution und Freier Szene auf neue Art zu vermitteln. Der daraus resultierende Begriff „Musikvermittlung“ wurde von der Praxis als eigenständiges Fach geformt, lange bevor er Einzug in die Universitäten und Musikhochschule gehalten hat. In unserer Ausgabe möchten wir aufzeigen, wie Autor*innen innerhalb wissenschaftlicher Auseinandersetzungen auf das neue Feld reagierten, es beschrieben, unterschiedliche Erwartungen und Vorannahmen an es herantrugen und in seinem Selbstverständnis festigten. Um die Entwicklung des Faches abzubilden, war es uns ein Anliegen, die unterschiedlichen Zeitkontexte mitzudenken.

So sind beispielsweise die Texte von Hans Christian Schmidt-Banse …und wie jetzt die Musikvermittlung vermitteln? (2012) und Ingrid Allwardt Musikvermittlung (2012) nicht aufgrund ihrer Aktualität in der Ausgabe vertreten, sondern sie dienen einem historisch nachvollziehbaren Diskurs, der das Praxisfeld auch als Forschungsfeld begründete. Insbesondere Schmidt-Banses Text zeigt eine Perspektive auf die Praxis, die nicht nur ihrer Zeit entsprang, sondern auch äußerst kontrovers diskutiert wurde.

Constanze Wimmer formulierte in der viel beachteten empirischen Studie Exchange. Die Kunst, Musik zu vermitteln. Qualitäten in der Musikvermittlung und Konzertpädagogik (2010) Qualitätsdimensionen musikalischer Angebote für Kinder und Jugendliche, sorgte für ein fundierteres Verständnis von Musikvermittlung und trug nicht zuletzt durch konkrete Handlungsempfehlungen zur Professionalisierung der Musikvermittlungspraxis dieser Zeit bei. Reinhart von Gutzeit lieferte in seinem Aufsatz von 2014 Zahlen, die das damals fehlende sog. Nachwuchspublikum belegen und rückt zunächst ein junges Publikum als Adressaten für Musikvermittlung in den Vordergrund. Barbara Stiller schrieb bereits 2014 eine ausführliche Chronik des Faches, Axel Petri-Preis aktualisierte diese 2019. Irena Müller-Brozovic beschrieb 2017 in ihrem Grundlagenartikel Musikvermittlung ebenfalls vielschichtige Bedeutungen des Wortfeldes Musikvermittlung und dimensionierte Handlungsfelder, Schnittstellen zu Nachbardisziplinen sowie theoretische Verortungen und formulierte Musikvermittlung als Dialog, der vielfältiges Veränderungspotential beinhaltet.

Wir danken den Autor*innen und Verlagen für die Rechte der Zweitveröffentlichung sowie der Fotografin Catharina Guth für die Fotorechte für unser Ausgabenfoto.